01. November 1955

Fast ein halbes Jahrhundert im Postdienst

Wegen Überschreitung der Altersgrenze legte der hiesige Posthalter, Karl Völsing, am 1. November 1955 sein Amt nieder. Mit ihm geht ein überaus pflichttreuer Beamter in den Ruhestand. Im März 1907 übernahm er als junger Mann die damalige Posthilfsstelle in Lardenbach und führte sie seitdem ununterbrochen.

Durch sein stets zuvorkommendes, hilfsbereites und korrektes Wesen erwarb sich Posthalter Völsing die Achtung seiner vorgesetzten Dienststelle und der Postkundschaft. Von alt und jung wird er der "Postkarl" genannt, ein Zeichen besonderer Wertschätzung. Ihm ist sein einziger, hoffnungsvoller Sohn im Krieg gefallen, so dass die Post jetzt in andere Hände übergeht.

(HZ/z)

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30. August 1955

Volksschule musste ausgebessert werden

Die Instandsetzung der hiesigen Volksschule ist beendet (August 1955). Der Unterricht kann wieder voll aufgenommen werden. Erst 1951 von der Schulgemeinde Lardenbach/Klein-Eichen erbaut, zeigte der dreiklassige Bau schon derart erhebliche Mängel, dass größere Reparaturen während der Sommerferien vorgenommen werden mussten. Die Verankerung übernahm Schmiedemeister Heinrich Dörr II. aus Lardenbach. Die Maurer und Verputzarbeiten führten Otto Böning (Freienseen) und Karl Graulich (Ilsdorf) aus.

(GA/z)

 
01. August 1955

Lehrer zum Ehrenbürger ernannt

Der allseits beliebte und geschätzte Leiter der hiesigen Volksschule, Lehrer Karl Becker, tritt am 1. August 1955 in den Ruhestand, nachdem er fast 47 Jahre, darunter allein hier 36 Jahre, im Dienst der Schule stand. Aus diesem Anlaß fand sich die gesamte Schulgemeinde Lardenbach und Klein-Eichen zusammen, um in einer schönen Feier die einmaligen Verdienste dieses Erziehers zu würdigen.

Die Feier wurde umrahmt von Liedern der Schulkinder und des Männergesangvereins "Eintracht". Bürgermeister Eckhardt (Klein-Eichen) überreichte als Sprecher der ganzen Schulgemeinde ein Geschenk. Dann verlas Bürgermeister Mölcher (Lardenbach) eine Urkunde, in der die Gemeinde Lardenbach Lehrer Becker "in dankbarer Anerkennung seiner 36jährigen vielseitigen hervorragenden Tätigkeit zum Wohle unserer Gemeinde" zum Ehrenbürger ernennt.

Für den Männerchor, den Herr Becker kurz nach dem ersten Weltkrieg neu gründen half, sprach der Vorsitzende, August Sauer, Worte des Dankes, für die Kirchengemeinde tat dies Pfarrer Repp.

Lehrer Becker hat in den vielen Jahren in unermüdlicher Schaffenskraft sich nicht nur die Liebe seiner Schüler, sondern darüber hinaus die Symphatien der gesamten Schulgemeinde erworben. Sein Wirken stand stets unter dem Leitwort "Erziehung ist Beispiel und Liebe". So war denn die Feier nicht eine Feier um des Feierns willen, sondern eine Kundgebung der Herzen.

Lehrer Becker dankte in bewegten Worten für all das Schöne und Liebe, was der Abend gebracht hatte und gab besonders der Hoffnung Ausdruck, dass sein Nachfolger, Lehrer Karl Henß, getragen vom Vertrauen der ganzen Elternschaft, ein neuer langjähriger Freund unserer Kinder werde.

(GA/Z)

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19. Juli 1955

Wertungssingen des Ohm-Lumdatal-Sängerbundes

Zum dritten und letzten Teilwertungssingen des Ohm-Lumdatal-Sängerbundes trafen sich die restlichen der 48 Bundesvereine in Lardenbach (Juli 1955). Wertungsrichter Bruno Stürmer (Frankfurt) gab nach Beendigung der Chorvorträge in seiner fast einstündigen öffentlichen Kritik grundsätzliche Anleitungen zum Chorgesang. Bundeschormeister W. Daupert (Ulrichstein) ließ es an Worten des Dankes nicht fehlen. Nach Abschluß des Wertungssingen auf Bundesebene qualifizierten sich Vereine der Frauenchöre, Gemischte Chöre und Männerchöre zum Ausscheidungssingen und Bundeschorfest.

Auf dem Schulhof traf sich die stattliche Sängerschar zu einer eindrucksvollen Sängerkundgebung. Der 2. Vorsitzende des Bundes, Wißner (Kesselbach), gedachte des im Januar während einer Gesangsstunde plötzlich verstorbenen langjährigen Vorstandsmitglieds des Sängerbundes, Dietrich (Lardenbach).

Bruno Stürmer überbrachte die Grüße des Hessischen Sängerbundes und hob die Vedienste der Sänger Leonhard Wißner (Kesselbach), Wilhelm Dietz (Kesselbach) und August Sauer (Lardenbach) hervor, welche 50 Jahre aktiv dem deutschen Chorwesen die Treue hielten. Er überreichte den Jubilaren die goldene Ehrennadel mit Diplom. Mit dem Deutschen Sängergruß und einem Massenchor dankte die Sängerschaft den Jubilaren.

Der 1. Vorsitzende des Gesangvereins Lardenbach/Klein-Eichen, August Sauer, dankte allen, die zum Gelingen des Tages beigetragen hatten und gedachte in kurzen Worten des 70jährigen Bestehens seines Vereins.
Ein Tänzchen brachte den Abschluß des Sängertreffens.

(FP)

 
03. Juli 1955

Kirchliche Wahlen 1955

Am Sonntag, dem 3. Juli 1955 fand in der evangelischen Kirche (Groß-Eichen und Klein-Eichen) die Wahl der kirchlichen Körperschaften statt. Zu Kirchenvorstehern gewählt wurden: Fritz Ebell, Erziehungsassistent i.R.; Georg Peter I., Landwirt; Karl Peter II.; Erwin Schmidt, Landwirt; Georg Zimmer, Landwirt und Wilhelm Eckhardt, Bürgermeister von Klein-Eichen.

Zu Kirchengemeindevertretern gewählt wurden: Karl Merz II., Landwirt; Ernst Lang, Landwirt; Eduard Reining, Zimmermann; Heinrich Steuernagel, Bergmann i.R.; Heinrich Rühl III., Bergmann und Karl Volp, Landwirt aus Klein-Eichen.

Die Wahl dieser Kirchenvorsteher und Kirchengemeindevertreter gilt für die nächsten sechs Jahre. Sobals die Prüfung der Wahlakten abgeschlossen ist, werden die Herren in ihr Amt eingeführt.

(GA)

 
22. Juni 1955

Aus Stadt und Land

Wie erst jetzt (22. Juni 1955) von der Gendarmeriestation Laubach bekannt wurde, blockierten in der Nacht zum Samstag, 11. Juni, betrunkene Rowdys zwischen Freienseen und Lardenbach den Verkehr. Sie rissen Schneezäune und Verkehrsschilder um und beschädigten sie, drangen in ein Sägewerk in Freienseen ein und entwendeten dort Buchenschwellen, die sie ebenfalls auf die Bundesstraße warfen. In Anbetracht der Sicherung des Straßenverkehrs wird die Bevölkerung um Mitfahndung gebeten. Sachdienliche Mitteilungen nehmen die Gendarmeriestation Laubach und jede andere Gendarmeriestation entgegen.

Im Rahmen des Bundesjugendplanes hat das Bundesministerium des Inneren in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Kuratorium für Jugendfragen einen Plan zur Förderung der Landjugend entwickelt und zu dessen Durchführung rund zwei Millionen DM in seinem Haushalt bereitgestellt. Aus diesen Mitteln dieses "Landjugendplanes" sollen Hilfen für die mitbürgerliche Erziehung und die charakterliche Bildung im jungen Landvolk gewährt sowie Maßnahmen der beruflichen Eingliederung unterstützt werden. Die Gelder sollen vor allem den Jugendlichen aus kleinbäuerlichen Betrieben und der Landarbeiterjugend zugute kommen.
Wie alle Maßnahmen des Bundesjugendplanes, so erstreckt sich auch der Landjugendplan nur auf die 14- bis 25jährigen. Der Plan will die beiden großen Notstände der Landjugend treffen: Bildungsnot und Mangel an Existenzmöglichkeiten.

(Grünberger Heimat Zeitung/Gießener Freie Presse)

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20. Juni 1955

Sorgenlos

Am Montagabend (20. Juni 1955) entdeckte ein Förster auf seinem abendlichen Rungang, daß das Jagdhaus "Sorgenlos" vollständig abgebrannt war. Der Brand entstand vielleicht durch Blitzschlag und erlosch später von selbst wieder. Ein großes Glück im Unglück war, daß Windstille herrschte, sonst wäre wohl ein umfangreicher Waldbrand entstanden. Das Jagdhaus "Sorgenlos" war komplett eingerichtet und lag in einem langgestreckten Wiesental (Wetterauergrund) zwischen den ausgedehnten Solms-Laubachschen Wäldern oberhalb des Jägerhauses. Die Ermittlungen über die Brandursache sind noch im Gange.

(Grünberger Heimat Zeitung)

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19. Juni 1955

Kundgebung auf dem Hoherodskopf

Bei strahlendem Sonnenschein erlebte der Hoherodskopf am Sonntag (19. Juni 1955) zum Volksfest der FDP einen Andrang wie noch nie. Die Polizei zählte diesmal auf den Zufahrtsstraßen allein 33 000 Menschen aus allen Teilen Deutschlands. Ungezählt blieben die vielen Einwohner der umliegenden Gemeinden, die auf Wanderwegen oder über die Matten mit und ohne Fahrrad herbeigekommen waren. Kaum zu zählen waren die Auto- und Motorradkolonnen, die den Berg von allen Seiten umsäumten. Nach einem Platzkonzert, Böller- und Fanfarengrüßen, fanden sich Tausende zur Kundgebung auf dem Plateau zusammen.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
04. Juni 1955

Chorgruppe auf großer Fahrt

Seit 1922 bestehen freundschaftliche Beziehungen zwischen dem Gesangverein "Sängerkranz" Grünberg und ehemaligen ausgewiesenen Bahnbeamten aus Ingelheim a. Rh., die in den Tagen des "Ruhrkampfes" nach Grünberg evakuiert waren. Mehrere von diesen Ingelheimern gehören dem dortigen Männergesangverein an. So kam es, dass der Grünberger Gesangverein und darüber hinaus die gesamte Chorgruppe Ernst Nicolai zur 70-Jahrfeier der "Einigkeit" am Samstag (Juni 1955) für zwei Tage mit einem Sonderzug der Bundesbahn nach Ingelheim fuhr.

An der Fahrt nahmen teil: die Gesangvereine Lardenbach/Klein-Eichen, Grünberg, Lauter, Großen-Buseck, Hausen und das Harmonikaorchester des Dirigenten sowie viele Angehörige der Sänger und Freunde des Gesanges. Bei herrlichem Sonnenschein setzte sich der Zug um 15.45 Uhr ab Mücke in Bewegung. Auf dem Bahnsteig 4 in Gießen erklang zur Freude aller Reisenden ein von 180 Sängern gesungener Chor. Kurz nach 19 Uhr traf der Zug in Ingelheim ein.

Nach kurzer Begrüßung durch den Festvorsitzenden und der Weinkönigin der Rotweinstadt gab es ein musikalisches Ständchen. Beim Kommers im Festzelt wirkten die Chorgruppen der Dirigenten Fischer, Knab und Nicolai mit. Großartige Darbietungen erfreuten die Hörer. Mitunter sangen 320 Sänger und Sängerinnen mit Orchester oder 180 Sänger zur Begleitung von 22 Akkordeonspielern. Gerade die oberhessische Chorgruppe erntete starken Beifall.

Der rührige Verkehrsverein Ingelheim hatte jedem Gast, der darauf Wert legte, ein Zimmer besorgt. Die jungen Sänger freilich feierten durch bis zum Morgen und statteten dem Rhein einen Besuch ab. Am Sonntag früh fand ein Wertungs- und Freundschaftssingen im Zelt und der Turnhalle statt. Ab 16 Uhr folgte ein Konzert der Gastvereine.

Diese Fahrt war ein Erleben! Oberhessischer und rheinischer Humor standen einander in nichts nach. Freundschaft und Kameradschaft wurden bei schönem Sommerwetter und gutem Wein gefördert. Dank gebührt allen Mitfahrern, die durch ihr einwandfreies Benehmen unsere Heimat ehrten. Dank aber auch dem Dirigenten Ernst Nicolai, der in unermüdlicher Schaffenskraft Chöre geschaffen hat, die einen sehr guten Eindruck hinterließen. Auf der Heimfahrt herrschte im Sonderzug weiter beschwingte Fröhlichkeit.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
17. Mai 1955

Gegen Verarmung des "flachen Landes"

Die verarmenden Auswirkungen des "Sogs der großen Städte" auf das flache Land führten unlängst zu einer internen Besprechung von Vorstandsmitgliedern und Mitgliedern der Grünberger Werbe-Gemeinschaft (zugleich Industrie-, Handels- und Gewerbeverband) mit dem Bürgermeister der Stadt Grünberg. Im Zuge der dabei angestellten Überlegungen, wie der unerwünschten Entwicklungen gesteuert werden könne, kam es dabei zu dem Beschluß, zunächst auf überparteilichr Grundlage Fühlung mit Landtags- und Bundestagsabgeordneter zu suchen.

Am Freitag fand im Gasthof Schmitz unter dem Vorsitz des GWG-Vorsitzenden, Otto Römer, die erste, mehrstündige Aussprache mit dem Vertreter unseres Wahlkreises, dem Landtagsabgeordneten Reinhard Börger (SPD), statt. An dieser Zusammenkunft nahmen auch Stadtverordnetenvorsteher Stock, der Sprecher der SPD-Fraktion im Stadtparlament, Karl Brune, und als Vertreter der Schulen und kulturellen Belange Oberstudiendirektor Dr. Süßkand teil.

Abgeordneter Börger zeigte sich für die Sorgen und Wünsche, die ihm entgegengetragen wurden, aufgeschlossen und versprach, sie bei gegebener Gelegenheit nach Möglichkeit zu berücksichtigen.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
8. Mai 1955

Weihe der St.-Anna-Kapelle Seenbrücke

Die Wurzeln der Pfarrgemeinde St. Anna liegen in der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte. 1946 kamen viele Sudeten-Deutsche auch nach Weickartshain und die umliegenden Dörfer. Sie waren durchweg Katholiken. Die Heiligen Messen durften dank des Entgegenkommens der Pfarrer in den evangelischen Kirchen gefeiert werden.

1954 bot die Gruben-Gewerkschaft "Luise" ihr Haus im Weickartshainer Ortsteil Seenbrücke, das früher als Verwaltungsgebäude und Magazin diente, zum Verkauf an. Der damalige Seelsorger von Grünberg, Pfarrer Schütz, empfahl der Bischöflichen Behörde in Mainz den Ankauf des Gebäudes. Im Dezember erwarb die Diözese das Gebäude nebst dem dazugehörenden Grundstück für 16.000 Mark.

Die Schwierigkeiten der seelsorgerischen Betreuung in der Diaspora (Gebiet, in dem eine konfessionelle oder nationale Minderheit lebt) waren auch im Vogelsberg alltäglich. Pfarrer Schütz wollte auf der Seenbrücke die sich ergebende Chance nutzen und hier einen religiösen Mittelpunkt schaffen, um den katholischen Gläubigen der umliegenden Orte eine günstigere Möglichkeit zum Besuch des Gottesdienstes zu geben.

Im folgenden Jahr wurde der Lagerraum zu einer schmucken Kapelle umgestaltet - zum großen Teil in Eigenleistung. Eine Empore sowie die Fenster aus einem alten Kloster in Nordhessen wurden eingebaut. Die alten Kirchenbänke aus der ehemaligen Schlosskapelle in Grünberg und der Holzaltar waren die vorläufige Ausstattung.

Nun hatten die etwa 550 Katholiken aus Weickartshain-Seenbrücke, Lardenbach, Klein- und Groß-Eichen, Stockhausen, Freienseen, Altenhain, Wohnfeld, Sellnrod sowie Höckersdorf ihre eigene Kirche. In Anwesenheit zahlreicher geistlicher Herren und einer großen Schar von Gläubigen, die aus Grünberg und den Filialorten nach Seenbrücke gekommen waren, begann am Sonntag (8. Mai 1955) um 10 Uhr die Weihe nach dem feierlichen Ritus. Pfarrer Zimmermann (Grünberg) hieß den Domkapitular als den Vertreter des Bischofs willkommen und sprach allen, die das frühere Verwaltungsgebäude zu einem würdigen Gotteshaus umgebaut hatten, seinen aufrichtigen Dank aus.

Gegen 400 Gläubige standen dicht gedrängt in der Kapelle und folgten andächtig den Worten des Festpredigers und der heiligen Handlung. Der Grünberger Kirchenchor unter Leitung von Frau Watzlawick sang die vielstimmige "Deutsche Messe" von Michael Haydn. Zum anschließenden Essen hatte Pfarrer Zimmermann die hochwürdigen Herren sowie die Ehrengäste mit Bürgermeister Trüller von Weickartshain und die Herren des Kirchenstiftungsrates geladen. Dabei sprach u. a. der evangelische Geistliche Pfarrer Repp von Lardenbach der katholischen Gemeinde seine Glückwünsche aus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß das gute Einvernehmen unter den hiesigen Christen auch weiterhin lebendig bleibe.

Weiterführende Version

Nicht mehr wiederzuerkennen ist das ehemalige Gebäude der Gewerkschaft "Louise" in der Nähe des Bahnhofs Weickartshain. Als die Gewerkschaft ihren Sitz und Betrieb noch in Weickartshain und Umgebung hatte, diente das Haus als Verwaltungsgebäude und Magazin. Seit der Übersiedlung nach Merlau im Jahre 1938 wurde es für verschiedene Zwecke benutzt, und seit Kriegsende gibt es drei Familien Wohnung.

Im Laufe des letzten halben Jahres ist der abseits der Straße gelegene Teil des Hauses zu einer schmucken Kapelle umgestaltet worden. Die Leitung des Umbaues lag in Händen von Bauführer Klinke, die Arbeiten wurden zum großen Teil von den Gläubigen in unermüdlicher und aufopferungsvoller Selbsthilfe ausgeführt.

Die Schwierigkeiten der seelsorgerischen Betreuung in der Diaspora sind bekannt. Als die Gewerkschaft "Louise" im vergangenen Herbst das Gebäude zum Verkauf anbot, empfahl der damalige Seelsorger von Grünberg, H. Pfr. Schütz, der Bischöflichen Behörde in Mainz den Ankauf und Umbau des Hauses. Er wollte hier einen religiösen Mittelpunkt schaffen und den Gläubigen der umliegenden Orte eine günstigere Möglichkeit zum Besuch des Gottesdienstes geben. Im Dezember kamen die Verhandlungen zum Abschluß: die Diözese erwarb das Gebäude nebst dem dazu gehörenden Grundstück.

Die Gemeinden Weickartshain, Sellnrod, Stockhausen, Freienseen, Lardenbach, Klein-Eichen und Groß-Eichen, die bisher von den Pfarrbezirken Grünberg, Laubach und Merlau betreut wurden, werden auch künftig von den drei dort ansässigen Pfarrern abwechselnd versorgt werden. Sie haben aber nunmehr ein eigenes für alle Orte zentral gelegenes Gotteshaus. Vielleicht können die genannten Orte in absehbarer Zeit als Seelsorgebezirk mit einem eigenen Pfarrerselbständig werden.

Die neue Kapelle trägt den Namen der hl. Mutter Anna. Diese Namengebung hat folgenden Grund: Nach einem alten Bericht fand der Bürger Krczenska gegen Ende des 15. Jahrhunderts bei Horschau-Teinitz im Böhmerwald beim Pflügen seines Ackers eine kleine hölzerne Statue der hl. Mutter Anna, die mit ihrem Mantel die Großmutter und den Jesusknaben umschloß. Er säuberte das Bildwerk, nahm es heimlich mit nach Hause und verwahrte es in einem Schrank. Als er am nächsten Tag sein Feld bearbeitete, fand er ein gleiches Bildwerk. Überrascht eilte er heim und fand den Schrank leer. Dasselbe geschah am dritten Tag. Nun erzählte er die sonderbare Begebenheit einigen frommen Mitbürgern, und man beschloß, an der Fundstelle eine kleine hölzerne Kapelle zu errichten.

Wegen der vielen Gnaden, die Gott durch die Fürbitte der hl. Mutter Anna den zu ihr rufenden Christen gewährt hatte, begann man im Jahre 1507 aus den Spenden der Glüubigen mit dem Bau einer Stattlichen Kirche aus Stein, die im Jahre 1516 durch den Bischof von Regensburg ihre Weihe erhielt.

Nach einem kleinen Bildchen, das diesen alten Bericht wiedergibt, malte Frl. Theodora Watzlawick (Grünberg) ein schlichtes Ölbild, das über dem Altar der neuen Kapelle seinen Platz fand.

Mit der Weihe der Kapelle hatte Se. Exzellenz der Hochwürdigste Bischof von Mainz, Dr. Albert Stohr, den H. Domkapitular Moser beauftragt. H. Moser war, wie er in seiner Ansprache bei der Messe in der Grünberger Kirche erwähnte, von 1909 bis 1911 Kaplan an der Mutterkirche in Gießen, von wo aus damals die wenigen Grünberger Katholiken betreut wurden. Weil er häufig in der Schloßkapelle das hl. Opfer gefeiert habe, sei es ihm eine besondere Freude, heute nach mehr als 45 Jahren, die Weihehandlung an der "Tochterkirche" zu Seenbrücke vornehmen zu dürfen.

In Anwesenheit zahlreicher geistlicher Herren und einer großen Schar von Gläubigen, die aus Grünberg und den Filialorten nach Seenbrücke gekommen waren, begann am vergangenen Sonntag gegen 10 Uhr die Weihe nach dem feierlichen Ritus, H. Pfr. Zimmermann hieß den H. Domkapitular als den Vertreter des Bischofs willkommen und sprach allen, die das frühere Verwaltungsgebäude zu einem würdigen Gotteshaus umgestaltet haben, seinen aufrichtigsten Dank aus.

Danach zelebrierte H. Stadtpfarrer Geistl. Rat Deuster (Gießen) in der Kapelle das erste feierliche Levitenamt unter Assistenz der H. Pfarrer Nowak (Merlau) und Sulke (Nieder-Gemünden). Die Festpredigt hielt der H. Erzdechant Dr. Hüttl (Dünzling bei Regensburg). Unter dem Vorspruch: "Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat", führte er etwa aus: Die Nachkriegszeit habe eine große Völkerwanderung heraufbeschworen. Viele Millionen hätten nicht nur Hab und Gut verloren, sondern auch ihre geistliche Heimat.

Er selbst habe damals in der Gnadenkirche zu Bischofteinitz das Ewige Licht löschen und den Kirchenschlüssel abliefern müssen. Aber in dem neuen Lebensraum sei den Vertriebenen das Gotteshaus zur Heimat geworden, zu einer Oase des Friedens, den die Welt nicht geben kann. Das kleine Schnitzwerk, das böse Menschen vor zehn Jahren von dem heimatlichen Altar entfernten, hier sei es in Gestalt des schlichten Gemäldes wieder zu Ehren gekommen!

Gegen 400 Gläubige standen dicht gedrängt in der Kapelle und folgten andächtig den Worten des Festpredigers und der hl. Handlung. Der Grünberger katholische Kirchenchor unter Leitung von Frl. Watzlawick sang die vierstimmige "Deutsche Messe" von Michael Hayden.

Zum anschließenden Essen hatte Pfr. Zimmermann die hochwürdigen Herren, unter ihnen Pfr. Schütz (Worms-Herrnsheim), sowie die Ehrengäste mit Bürgermeister Trüller von Weickartshain und die Herren des Kirchenstiftungsrates geladen. Dabei sprach u. a. der evangelische Geistliche Pfarrer Repp von Lardenbach der katholischen Gemeinde seine Glückwünsche aus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß das gute Einvernehmen unter den hiesigen Christen auch weiterhin lebendig bleibe. Pfr.Zimmermann dankte den evangelischen Glaubensbrüdern für das in den vergangenen Jahren gezeigte Entgegenkommen.

Nach einer kurzen, von H. Dr. Hüttl gehaltenen Andacht zu Ehren der Namenspatronin der Kapelle, an der wiederum über 300 Gläubige teilnahmen, fand der Festtag mit einem Heimattreffen im Gemeinschaftshaus zu Stockhausen einen schönen Abschluß. Volkstänze, Gesang und ein Lichtbildervortrag von H. Dr. Hüttl über die sudetendeutsche Heimat füllten die fröhlichen Stunden.

(Theo Kühlein)

(Grünberger heimat Zeitung)

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06. Mai 1955

Satzung der Feuerwehr

Der Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr Klein-Eichen legt dem Verein am 6. Mai 1955 eine Satzung vor. Das Druckwerk entstammt dem Hessischen Brandschutzgesetz von 1952. Die nachstehenden erklären durch ihre Unterschrift, dass sie von der Satzung Kenntnis genommen haben, und eine genehmigte Satzung erhalten haben:

Otto Biedenkopf, Helmut Zimmer, Gerhard Volp, Friedrich Forst, Heinz Leßmann, Manfred Daniel, Erwin Kühn, Helmut Volp, Günther Zimmer, Reinhold Klös, Günter Felsing, Felix Darga, Heinrich Frank, Artur Faust, Georg Dittrich, Ernst Lein, Hermann Eckhardt, Erich Funk, Erwin Volp, Albert Müller, Werner Biedenkopf, Wilhelm Eckhardt, Otto Peppler, Heinrich Maurer, H. Frantz, Herbert Loob, Emil Träger, Otto Horst, Johann Schneider, Wilhelm Dörr, Karl Biedenkopf, Otto Högy, Heinrich Zimmer, Wilhelm Funk, Ernst Felsing, Werner Schildwächter, Wilhelm Gerbig, Karl Felsing, Walter Bingel, Anton Stöhr

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04. Mai 1955

Zwangsversteigerung

Am 8. Juli 1955, 9.00 Uhr, wird auf dem Amtsgericht Laubach das der Witwe des Heinrich Seim Anna Apollonia in Lardenbach gehörige Haus in Lardenbach, Bahnhofstraße Nr. 80, groß 13 a 29 qm, zwangsversteigert.

(Gießener Freie Presse)

 
21. April 1955

Aus Stadt und Land

Zögernd bedeckten sich in diesem Jahr die Wiesen mit frischem Grün. In geschützten Lagen blühen zwar seit acht Tagen (12. April 1955) etwa die Veilchen, Weiden und Kukucksblumen. Sonst sieht es draußen in der Natur noch höchst unfrühlingsmäßig aus. Die Hecken und Bäume stehen noch schwarz in der Landschaft, und unfreundliches, zeitweise regnerisches Wetter machte die Osterfeiertage (10. April 1955) zu Feiertagen des Mißvergnügens.

Am Weißen Sonntag (17. April 1955) gehen in Laubach folgende Kinder aus der katholischen Pfarrei zur Erstkommunion aus Freienseen: Peter Lauterbach, Andrè Passinger, Rainer Johann Fischer und Monika Neckermann; aus Lardenbach: Haidrun-Maria Scholze und Karin Hasl.

Die Verhandlung gegen den Angeklagten Roth, der als Geschäftsführer der Weickartshainer Tuchfabrik tätig gewesen war, zog sich mit den Zeugenvernehmungen und den Plädoyers des Staatsanwaltes, des Nebenklägers und des Verteidigers bis in die gestrigen (20. April 1955) Abendstunden hin. Der Angeklagte Roth soll in sechs Fällen von seinem Lieferanten Waren bezogen haben, unter dem Versprechen, diese sofort oder alsbald zu bezahlen, obwohl ihm bekannt war, daß er hierzu nicht in der Lage war.
Als Geschäftsführer der Weickartshainer Tuchfabrik führte der Angeklagte von Dezember 1949 bis zur Konkurseröffnung im Sommer 1950 Sozialversicherungsbeiträge von über 6000 DM nicht an die Krankenkasse ab.
Der Vertreter der Anklage sprach den Angeklagten weiterhin schuldig, in der Zeit nach der Währungsreform nahezu 10 000 Meter Tuche "schwarz" produziert und 67 860 DM Steuern hinterzogen zu haben. Und der Anklagevertreter bezichtihte den Angeklagten auch des betrügerischen Bankrotts durch falsche Aufstellung von Handelsbilanzen.
In dem Strafprozeß gegen den früheren Geschäftsführer der Weickartshainer Tuchfabrik, Heinrich Roth, verkündete die Große Strafkammer des Landgerichts am Donnerstag (21. April 1955) das Urteil. Es wurde eine Gesamtstrafe von einem Jahr und 4 Monaten Gefängnis sowie Geldstrafen von insgesamt 10 100 DM verhängt.

(Grünberger Heimat Zeitung)

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03. April 1955

Konfirmation 1955

Die Konfirmation ist ein bedeutender Schritt im Leben vieler evangelischer Christen. Sie ist eine feierliche Segenshandlung, die den Übergang ins kirchliche Erwachsenenalter markiert. Der Begriff stammt vom lateinischen „confirmatio“, was „Bekräftigung“ oder „Bestätigung“ bedeutet.

Die Konfirmation hat mehrere Bedeutungen: Bestätigung der Taufe, Abschluss des kirchlichen Unterrichts, Zulassung zum Abendmahl, Eintritt ins Erwachsenenleben.

Die Tradition der Konfirmation geht auf die Reformation zurück. Martin Bucer, ein Reformator, führte sie 1539 als Kompromiss ein, um die Kindertaufe mit einem späteren persönlichen Glaubensbekenntnis zu verbinden.

(wikipedia, Sonntagsblatt, vivat)

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25. März 1955

Aus Stadt und Land

Während ein altes Volkslied vom Bauer berichtet, daß der bauer im März seine Pferde einspannt und den Acker bestellt, hat der Frühling jetzt (22. März 1955) mit dicken Schneeflocken und tiefem Bodenfrost nur dem Kalender nach seinen Einzug gehalten. Selbst wenn es morgen wider Erwarten endlich warm werden sollte, würde es noch mindestens vierzehn Tage dauern, bis sich die Erde genügend erwärmt hat. Die Landwirte könnten somit frühestens gleich nach Ostern mit der Feldbestellung beginnen. Der Bauer ist damit schon jetzt vier Wochen gegenüber normalen Jahren im Rückstand. Schon durch den verregneten Herbst zog sich die Feldarbeit bis kurz vor Weihnachten hin, und der lange Winter gibt der Bäuerin nun Zeit, ihre zurückgebliebenen Flickarbeiten zu erledigen und Jacken und Strümpfe für die Familie zu stricken.

Am 10. Oktober 1954 nahm der 23jährige Arbeiter H. H. aus Lardenbach nach Mitternacht auf der Heimfahrt vom Erntedankfest in Freienseen auf seinem Fahrrad seine Freundin mit. Er setzte das Mädchen quer auf die Fahrradstange und schaltete, um sich das Fahren bequemer zu machen, unterwegs die Dynamo-Beleuchtung aus.
Ein Motorradfahrer, der sich nach dem Besuch des Erntedankfestes gleichfalls auf dem nachhauseweg befand, bemerkte den Radfahrer nicht, streifte beim Überholen mit dem Motorrad die Beine des Mädchens, geriet ins Schleudern und stürzte. Mit einer Gehirnerschütterung blieb der Motorradfahrer bewußtlos liegen und mußte schließlich ins Krankenhaus gebracht werden. Sein Beifahrer brach sich das Brustbein. Auch das 18jährige Mädchen stürzte vom Fahrrad und zog sich Blutergüsse im Gesicht zu.
Unter der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung stand H. jetzt (24. März 1955) vor dem Schöffengericht. Bei seiner Vernehmung meinte er, daß das Abschalten der Beleuchtung den Zusammenstoß nicht verursacht haben könne, da es in jener Nacht mindhell gewesen sei. Das Gericht war der Meinung, daß die verkehrswidrige Beförderung der Freundin auf dem Fahrrad zu dem Unfall geführt habe, und verurteilte den Angeklagten wegen seines grob verkehrswidrigen Verhaltens zu 100 DM Geldstrafe und zu den Kosten des Verfahrens.

Zum Nachfolger des früheren Bürgermeisters Felsing, der sein Amt seit längerer Zeit nicht mehr verwaltete, wählte die Gemeindevertretung Lardenbach am Freitag (25. März 1955) mit acht Stimmen bei einer Enthaltung den Gemeindevertreter Reinhard Mölcher.
Bürgermeister Mölcher ist geborener Lardenbacher und wird am 26. Juli 40 Jahre alt. Er besuchte die hiesige Volksschule und war bis zu seiner Einberufung zum Arbeitsdienst im Jahre 1935 in der elterlichen Landwirtschaft beschäftigt. Von 1937 bis 1939 war er aktiver Soldat, anschließend im Krieg bis zur Entlassung aus der Gefangenschaft im Herbst 1946.
In der Nachkriegszeit war Bürgermeister Mölcher bei der Firma Helwig in Laubach als Kernformer beschäftigt. Diese Stelle will er nun aufgeben, um sich ganz dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem Dienst für die Gemeinde zu widmen.

(Grünberger Heimat Zeitung)

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22. März 1955

Aus Stadt und Land

Die Außenstelle Schotten des Kulturamtes Friedberg wird vom 1. April dieses Jahres ab dem Kulturamt Lauterbach unterstellt. Mit dem gleichen Zeitpunkt wird das Kulturamt Lich aufgelöst. Nach dem Programm des Bundesministers soll die erste Umlegung in 10 Jahren beendet sein. Das bedeutet, daß bis dahin auch im Vogelsberg die Feldbereinigung ihren Abschluß gefunden haben soll. Das Kulturamt Schotten betreut dann 41 Gemeinden von denen 11 z. Z. in Bearbeitung sind. In 10 Gemeinden ist die erste Umlegung bereits durchgeführt. In 20 Gemeinden soll die Durchführung innerhalb der nächsten 10 Jahre erfolgen. Wenn die Feldbereinigung im oberen Vogelsberg durchgeführt sein wird, dann werden wohl die übrigen Gemeinden reif sein für eine zweite Umlegung.

Des einen Leid ist des anderen Freud. Der Bauer wartet mit Sehnsucht auf Frühlingswetter, dem Skisportler macht es nichts aus - Winterfreuden auch noch in der Zeit des Frühlingsanfangs zu genießen. Eine vierwöchige Verschiebung des Hochwinters mit größten Schneehöhen im März statt Januar, wie sie in diesem Jahr zu beobachten ist, verzeichneten die Meteorologen zuletzt in den zwanziger Jahren.
Während in der Grünberger Gegend der Winter mit Schneefällen, die tagsüber in Matsch übergingen, seine letzten Rückzugsgefechte führte, ist seine Herrschaft im hohen Vogelsberg noch ungebrochen. Wer am Sonntag (20. März 1955) per Omnibus oder Privatkraftwagen auf den Hoherodskopf fuhr, erlebte bei 50 cm Schneehöhe den schönsten Wintertag mit weißen Wolken am blauen Himmel.

(Grünberger Heimat Zeitung)

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17. März 1955

Verkehrstod

Aus allen Kreisen der Bevölkerung von Grünberg und Umgebung gut besucht war am Donnerstag der Aufklärungs- und Ausspracheabend des AMC Vogelsberg-West in der "Villa Emilia". Nach der Begrüßungsansprache machte der Vorsitzende der Verkehrswacht des Landkreises Gießen in einem Vortrag über den Zweck der Verkehrswacht drastische Angaben über die derzeitigen mangelhaften Verkehrsverhältnisse und ihre Folgen.

Die Straßen mit den engen Ortsdurchfahrten sind im wesentlichen die gleichen wie an der Jahrhundertwende, die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge hat sich aber verhundertfacht. Im Jahre 1954 fielen im Bundesgebiet 12 000 Menschen dem Verkehrstod zum Opfer. Es sei unmöglich ohne Steuererhöhung das 204 km umfassende Straßennetz des Landkreises Gießen im erwünschtem Tempo den modernen Verkehrsverhältnissen anzupassen.

Auch die künstliche Drosselung der Kraftfahrzeugproduktion wäre kein Ausweg. Sie würde nur dazu führen, die deutschen Erzeuger auf dem Weltmarkt wettbewerbsunfähig zu machen. Im Kampf gegen den Verkehrstod bleibt also nichts übrig, als die Verkehrsteilnehmer zur gegenseitigen Rücksichtnahme und strengen Beachtung der Verkehrsvorschriften aufzurufen.

Der Polizeiobermeister von der Hessischen Verkehrsbereitschaft ging ausführlich auf die Bestimmungen des neuen Vorfahrtsrechts ein: Alle Fahrzeuge, die von rechts kommen, haben Vorfahrt, auch Fuhrwerke, Fahrräder und Handwagen. Ausnahme: Wer eine Hauptstraße benutzt, genießt Vorfahrtsrecht auch gegenüber den Fahrern, die von rechts kommen.

Weiter erfuhr man an diesem Abend, wie man sich weißen und gestrichelten weißen Linien gegenüber zu verhalten hat und warum ein Zivilist bestraft wird, wenn er die nur für Militärfahrzeuge freigegebene Autobahnrampe Oppenrod benutzt. Man ließ sich bestätigen, daß Gerichte Verkehsstrafen ja nach dem Einkommen des Sünders für gleich gelagerte Fälle verschieden hoch festsetzen.

Man vernahm, daß es auf der Autobahn zur Benachrichtigung nachfolgender Fahrzeuge den Winker oder Blinker zu betätigen. Man ließ sich sagen, daß man zur Vermeidung des Auffahrens auf ein plötzlich bremsendes Fahrzeug von vorausfahrenden Fahrzeugen stets den Abstand in Metern halten soll, der der Stundengeschwindigkeit in Kilometern entspricht.

Interessant war auch die Mitteilung des Verkehrswachtvorsitzenden, daß kein Deutscher von der deutschen Polizei aufgeschrieben werde, der in Gießen vor den Kasernen der Grünberger Straße die dort aufgestellten amerikanischen Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder nicht beachtet.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
17. März 1955

Pläne Oberhessische Wasserversorgung

Der Erweiterte Verbandsausschuß des Zweckverbandes Oberhessischer Versorgungsbetriebe (ZOV) traf sich zu einer Sitzung in Friedberg. Der Geschäftsführende Direktor gab dem Ausschuß einen Überblick über die wasserwirtschaftlichen Fragen, die gegenwärtig in Oberhessen aktuell sind.

Betont wurde dabei, daß der Wasserkreislauf in der Natur gestört worden sei, da der Mensch Wälder abgeholzt, Bäche reguliert und Hecken beseitigt habe. Das habe sich um so schlimmer ausgewirkt, als der Wasserverbrauch vor allem durch den Konsum der Industrie in den letzten Jahren ganz erheblich gestiegen sei. Schließlich habe sich auch die zunehmende Verschmutzung der Flußläufe außerordentlich ungünstig auf den Wasserhaushalt ausgewirkt. Die Folgen dieser Vörgänge seien Wassermangel in vielen Teilen Europas im Laufe der letzten Jahre gewesen.

Diese Entwicklung gelte grundsätzlich für Oberhessen, wenn auch hier noch ein günstiges Wasserreservoir vorhanden sei. Trotzdem müsse vorgesorgt und geplant werden, da diese Planungen erfahrungsgemäß lange Zeit erforderten und die Projekte große Summen verschlingen.

Der ZOV habe für das hessische Landwirtschaftsministerium einen großzügigen Plan einer Wasserverbundwirtschaft für den oberhessischen Raum ausgearbeitet, dessen Verwirklichung rund 9 Millionen Mark erfordere, von denen allein 3 Million Mark auf den Bau einer Talsperre oberhalb von Gonterskirchen entfallen. Diese Talsperre werde aus einem fast 12 Quadratkilometer großen waldreichen Gebiet gespeist und füge sich harmonisch in die Landschaft ein.

Es sei vorgesehen, von hier aus eine Wasserleitung in die Räume Lich, Butzbach, Bad Nauheim und Friedberg zu führen. Um ein wirkliches Verbundsystem zu erhalten, das die Gefahr einer Wasserknappheit in einem Gebiet ausschaltet, soll diese Leitung mit der staatlichen Wasserleitung verbunden werden, die von Lauter nach Bad Nauheim führt. Auch die Quellen von Grünberg sollten in dieses Projekt einbezogen werden.

Weitere Querverbindungen seien zu den Leitungen von Inheiden nach Frankfurt und der Allendorfer Wasserleitung vorgesehen. Ein Zeitpunkt, wann dieser Plan in die Wirklichkeit umgesetzt wird, kann nicht angegeben werden.

(Gießener Freie Presse)

 
15. März 1955

Aus Stadt und Land

Im Kulturring Stockhausen hielt Berufsschuldirektor Sauer (Schotten) einen Lichtbildervortrag "Eisen und Eisenverhüttung im Vogelsberg". Der Vortragende wies darauf hin, daß im Gebiet des Ohm-Seenbach-Grabens sowie an vielen anderen Stellen des Vogelsberges bis hinauf zum Hoherodskopf noch große Erzlager ihrer Erschließung harren. Die Ausbeutung sei jedoch wegen der hohen Transportkosten vorerst nicht rentabel. Lehrer Sommer dankte dem Redner für seine Ausführungen.

Am morgigen Sonntag (13. März 1955) sind zehn Jahre vergangen, seitdem das Bahnhofsviertel von Grünberg mit über 150 Menschen zwei heftigen Bombenangriffen zum Opfer fiel. Ein Gedenktag des Grauens! Um 7 Uhr früh und nach dem Vormittagsgottesdienst, zur Stunde, da einst der schreckliche Totentanz begann, werden morgen die Glocken der Kirchen mahnend an die Gewissen zu rühren versuchen. Die Geistlichen werden in den Gottesdiensten aus der Schau des Christen heraus an das schaurige Erleben erinnern. Von den städtischen Gebäuden und vom Turm der Stadtkirche werden die Fahnen auf Halbmast wehen.

Der Kreisbauernverband Gießen wählte einen neuen Vorsitzenden. In dieser Versammlung machte Direktor Noell vom Bauernverband aufschlußreiche Ausführungen über den Sinn des geplanten landwirtschaftlichen Grundgesetzes. Er betonte, das Gesetz sei keine primär wirtschaftliche, sondern eine absolut soziale Frage. Während man in anderen Berufszweigen bereits von einer Vierzigstundenwoche rede, herrsche in der Landwirtschaft die Achtzigstundenwoche vor. Die Landwirtschaft fordert soziale Gleichstellung.

In Stockhausen wird im Dorfgemeinschaftshaus die erste Tiefgefrieranlage im Kreis Gießen übergeben. Die Sachreferentin aus dem Hessischen Ministerium für Landwirtschaft zeigt an einem geschlachteten und zerlegten Schwein praktisch die vorschriftsmäßige Verpackung in Kunsstoffbeuteln und die sachgemäße Einlagerung. Bürgermeister Jochim ist überrascht von der Sauberkeit und Schönheit der in einem Kellerraum untergebrachten Anlage.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
10. März 1955

Aus Stadt und Land

Am Samstag, dem 12. März, wird die außerordentliche Generalversammlung des Kreisbauernverbandes in Gießen abgehalten, in der über die Nachfolgeschaft des seitherigen Kreisvorsitzenden entschieden wird. Im Anschluß an die Vertreterversammlung wird eine öffentliche Bauernversammlung stattfinden.

In einer Dienstversammlung der Bürgermeister des Landkreises ermahnte Regierungsamtmann Scheld die Bürgermeister, die Haushaltspläne schnellstens aufzustellen. Er befasste sich eingehend mit den Einnahmen der Gemeinden und führte dabei aus: Es gibt keine staatlichen Zuschüsse für gemeindliche Vorhaben irgendwelcher Art und auch keine Beihilfen aus der Feuerschutzsteuer für Anschaffung von Löschgeräten, Hydranten u. a. m., wenn die betr. Gemeinden nicht ihre eigenen Finanzierungsquellen ausschöpfen und die Steuern und insbesondere auch die Gebührensätze auf die vorgeschriebene Höhe gebracht haben.

(Grünberger Heimat Zeitung/Gießener Freie Presse)

 
09. März 1955

50 Jahre Laubacher Pferdeversicherungsverein

In einer Versammlung des Laubacher Pferdevericherungsvereins, der 1954 in seinem Jubiläumsjahr 146 Mitglieder mit 214 versicherten Pferden und einer Versicherungssumme von 138.000 Mark umfaßte, gab Heinrich Schmidt einen Rückblick auf die Geschichte des Vereins.

Bald nach der Gründung des Vereins am 17. November 1904 schlossen sich den Laubacher Mitgliedern auch die Pferdefreunde aus Wetterfeld, Münster, Queckborn, Röthges, Gonterskirchen, Freienseen, Lardenbach, Klein-Eichen, Groß-Eichen und Sellnrod an.

Von den ersten Vorstandsmitgliedern ist heute niemand mehr am Leben. Der derzeitige Vorstand, der in der Jahreshauptversammlung wieder bestätigt wurde, setzt sich aus Direktor Wilhelm Rudolf Högel und dem Rechner Albert Peter zusammen; sie alle amtieren bereits seit 1945.

Aus der Historie begründet, handelt es sich bei dem Pferdeversicherungsverein um einen Verein auf Gegenseitigkeit mit dem Zweck, die Mitglieder gegen Verluste in Pferdebeständen zu versichern.
Jedes Vereinsmitglied zahlt pro Pferd einen Jahresbeitrag in die Vereinskasse ein. Aus diesem "Topf" werden Vereinsmitglieder, deren Pferde während eines Geschäftsjahres versterben oder getötet werden müssen, mit einer Geldsumme entschädigt, die beispielsweise sehr hilfreich beim Neukauf eines Fohlens sein kann.

Ist das Pferd doch ein wichtiger Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes, konnte eine Versicherung dem Bauersmann bei einem Verlust des Arbeitstieres recht behilflich sein.

(Gißener Freie Presse)

Fotos

 
06. März 1955

Aus Stadt und Land

In der Wirtschaft Finkernagel hielt der Ohm-Lumdatal-Sängerbund am vergangenen Samstag (5. März 1955) eine arbeitsreiche Vorstandstagung ab. Sie begann mit dem Gedenken an das verstorbene ehemalige Vorstandsmitglied Dietrich (Lardenbach). Eine besondere Ehrung für Dietrich ist bei einem der diesjährigen Wertungssingen vorgesehen. Es wurde beschlossen, das erste diesjährige Wertungs- und Leistungssingen am 8. Mai dem Männerchor Grünberg zu übertragen. Der Gesangverein Queckborn organisiert das zweite im Rahmen seiner 80-Jahrfeier im Juli. In einem erweiterten Saal zu Lardenbach treffen sich die restlichen Vereine am 17. Juli.
Im Ohm-Lumdatal-Sängerbund sind zur Zeit 48 Vereine mit 63 Chören vereinigt, so daß bei jedem der drei Singen 21 Chöre (etwa 900 Sängerinnen und Sänger) zu Gehör kommen. Ihnen ist die Aufgabe gestellt, einen Pflicht- und einen freigewählten Chor vorzutragen. Am Nachmittag vereinigen sich alle Teilnehmer zu machtvollen Kundgebungen.

Die drei Bezirksverbände Darmstadt, Wiesbaden und Kassel der Freiwilligen Feuerwehren in Hessen schlossen sich am Sonntag (6. März 1955) in Gießen in einer eindrucksvollen Feierstunde in Gegenwart des hessischen Innenministers zum Hessischen Landesfeuerwehrverband zusammen. Der Landesverband umfaßt etwa 160 000 Wehrmänner. Der 1. Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes bekundete seine Freude über den Zusammenschluß und forderte die Feuerwehren auf, sich nicht als Verein, sondern als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu fühlen und zu betätigen. Jede polizeiliche oder militärische Organisation lehnte er ab. Die stützpunktmäßige Organisation des hessischen Feuerlöschwesens bezeichnete man als vorbildlich und nachahmenswert im ganzen Bund. Überholt sei dagegen die hessische Einrichtung der Pflichtfeuerwehr. Das Prinzip der Freiwilligkeit und Mitverantwortlichkeit müsse allenthalben an die Stelle des Zwanges treten.

(Grünberger Heimat Zeitung)

Fotos

 
17. Februar 1955

Aus Stadt und Land

Die bisher im Bauleitplan von Ilsdorf ausgeschiedenen Bauplätze sind zur Bebauung ungeeignet, weil darunter alte Bergwerksstollen liegen. Man hat nunmehr an anderer Stelle sieben Bauplätze ausgeschieden. Diese alten aufgelassenen Bergwerksstollen bereiten auch in anderen Gemeinden Schwierigkeiten, so in Flensungen, wo man bei einem Hausbau darauf stieß. Der genaue Verlauf ist leider unbekannt, weil Pläne darüber nicht existieren.

Auf Weisung des Landrates in Alsfeld wurden im gesamten Kreisgebiet in letzter Zeit von der Gendarmerie und der Polizei in Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendamt umfangreiche Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes vorgenommen. In zahlreichen Fällen mußten Jugendliche, die noch nicht auf den Tanzboden oder in Kinos gehören, von den Veranstaltungen verwiesen werden. In einem Kreisort traf die Gendarmerie noch eine größere Zahl Jugendlicher morgens um vier Uhr im Gasthaus an. Gegen die Eltern von einer Anzahl 15- bis 16jährigen wurde in diesem Zusammenhang Anzeige erstattet. Die Aktion soll insbesondere während der Faschingszeit fortgesetzt werden.

Der Fortbestand unserer nicht mehr echten Bauerndörfer ist bekanntlich in Anbetracht der immer weitergehenden Expansionsgelüste der Städte nicht mehr gesichert. Die hessische Regierung plant daher, ihr Programm "Soziale Aufrüstung des Dorfes" abzulösen durch ein Programm zur Bezirksvereinigung der Dörfer unter der Obhut der mittelgroßen Kleinstädte. Der Laubacher Karnevalverein ist ihr zuvorgekommen und hat in der Turnhalle zu Freienseen eine Verbrüderungsfeier in Form einer Fremdensitzung (12. Februar 1955) veranstaltet. Die Bewohner der Vororte Freienseen, Gonterskirchen, Altenhain, Lardenbach, Klein-Eichen, Seenbrücke und Weickartshain waren sehr zahlreich erschienen.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
12. Februar 1955

Herzschlag in der Hauptversammlung

Die Hauptversammlung des Männergesangvereins "Eintracht" Lardenbach/Klein-Eichen fand am 12. Februar 1955 einen tragischen Abschluß. Während des Schlußwortes brach plötzlich der lengjährige 1. Vorsitzende des Vereins, Betriebsführer i. R. Karl Dietrich, zusammen. Er wurde aus dem Gastzimmer des Tagungslokals in den Saal gebracht und verschied dort wenige Minuten später.

Dietrich, der im 65. Lebensjahr einen Herzschlag erlitt, ist als hochverdienter Sängerführer in weiten Kreisen bekannt geworden und wird daher nicht nur von seinen Angehörigen und den Vereinsmitgliedern, die Zeuge des erschütternden Ereignisses waren, tief betrauert. Den hiesigen Gesangverein führte er schon Jahrzehnte lang in vorbildlicher Weise über alle Fährnisse der Zeiten hinweg.

(Grünberger Heimat Zeitung)

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29. Januar 1955

Aus Stadt und Land

Omnibusse brachten am Samstagabend (29. Januar 1955) aus allen Himmelsrichtungen die ehemaligen Schüler und Schülerinnen der Landwirtschaftsschule zum diesjährigen "Winterfest" in die Grünberger Turnhalle. Ein Bauernlied des Schülerchors leitete über zur Begrüßungsansprache des 1. Vorsitzenden des Vereins der Ehemaligen. Wohl das bedeutsamste Ereignis des Abends war die Mitteilung des Direktors, daß im nächsten Frühjahr mit dem Bau einer neuen Landwirtschaftsschule neben der "Villa Emilia" an der Gießener Straße begonnen werde.

(Grünberger Heimat Zeitung)

 
21. Januar 1955

"Wie sag ich's meinem Kinde?"

Vor etwa 50 Zuhörern, meistens Eltern, erwarb sich am Freitagabend (21. Januar 1955) im Volksbildungsverein in Grünberg Obermedizinalrat Dr. Bramsfeld, der Leiter des Kreisgesundheitsamtes, das Verdienst, eine Frage angeschnitten und mit kompromißloser Folgerichtigkeit behandelt zu haben, die schon längst einmal Gegenstand eines öffentlichen Vortrages hätte sein dürfen: die Frage der sexuellen Aufklärung unserer Kinder.

[...]

Was soll man dem Kinde über die geschlechtlichen Beziehungen sagen? Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Jede Lüge - auch das Märchen vom Klapperstorch ist eine - wird früher oder später als solche erkannt, und das Kind wird es nie verwinden, gerade von den Eltern, [...] belogen worden zu sein. Was man verschweigt, oder zudeckt mit dem Mantel der Prüderie, wird schnell viel gefährlicher und unheimlicher als was man klar und deutlich ausspricht.

Wir müssen uns klar darüber sein, daß die Gesellschaftsordnung, die uns Ältere aus der Form heraus behütete, in zwei großen Kriegen zerbrochen ist und daß die Jugend heute viel früher reif wird, als wir selbst es einst geworden sind.

Wecken wir dem Kind den Sinn für den guten Geschmack, das Gefühl für das Schöne und Unschöne, die charakterliche Empfindsamkeit für Gut und Böse! Aber hüten wir uns vor der Abschreckungsmethode! Die Furcht ist ein schlechter Lehrmeister. Die Angst vor Geschlechtskrankheiten führt bei den Jugendlichen zu seelischen Konflikten.

[...]

Die Selbstbefriedigung sollte man als selbstverständliche, banale Angelegenheit behandeln. Es wäre falsch, warnend die Bibel zu zitieren. Das Gefühl, zu sündigen und verworfen zu sein, erzeugt Minderwertigkeitskomplexe, die bis zum Selbstmord führen können. [...] Unser Trost sei: "Das geht vorüber!" Es gilt, scharf darüber zu wachen, daß nicht gegenseitig Anregungen gegeben werden. Gerade wegen des § 175 sollte man mit der Jugend sprechen. Eine Jugendsünde ist zwar noch keine krankhafte Perversion, sondern nur mangelhafte Richtungsbetonung. Wer aber wirklich krankhaft veranlagt ist, muß ausgeschieden werden, denn Homosexualität steckt an, bei Jungen und bei Mädchen.

[...]

Der Leiter des Kreisgesundheitsamtes meinte, er habe mit der Vorführung eines biologischen Aufklärungsfilms in Schulen - getrennt für Jungen und Mädchen - die besten Erfahrungen gemacht. Mit entsprechender Vorbereitung können solche Filme auch in der letzten Volksschulklasse gezeigt werden. Jedenfalls soll man kein Kind unaufgeklärt aus der Schule ins Leben entlassen.

Wenn der Landlehrer, weil er mitten in der Dorfgemeinschaft steht, Hemmungen hat, dann sollte er geeignete ortsfremde Erzieher oder Ärzte heranziehen. Der Ansicht in den naturkundlichen und hygienischen Aufklärungsfeldzug die vielfach noch in veralteten Anschauungen oder Unkenntnis befangenen Eltern mit einzubeziehen, stimmte Vortragende zu, nicht aber der Ansicht die filmische Darstellung der krassesten Vorgänge bei der Geburt könnten bei jungen Mädchen Schockwirkungen hervorrufen.

Die an der Diskussion beteiligte Studienrätin vertrat den Standpunkt, die Aufklärung sei nicht Sache des Klassenführers, sondern des Biologielehrers. Der Studienrat betonte als Biologielehrer, aus der entwicklungsmäßigen Darstellung der Befruchtungsvorgänge bei Pflanzen und Tieren ergebe sich ganz harmonisch und ohne jede Sensation der Unterricht über die biologische Menschwerdung.

Ohne jede Antwort blieb die Frage: Wünschen unsere Eltern, daß der sexuelle Aufklärungsunterricht in unserer Schule eingeführt wird, und wenn ja: wann und in welcher Form? "Wie sage ich's meinem Kinde?" hieß das Thema. Was geboten wurde, war im Wesentlichen eine bejahende Antwort auf die Frage: "Soll ich es meinem Kinde sagen?"

(Grünberger Heimat Zeitung)

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26. Januar 1955

90. Geburtstag

Gratuliert wird der ältesten Einwohnerin Klein-Eichens, Frau Wilhelmine Felsing, zu ihrem 90. Geburtstag. Diesen kann die Jubilarin in geistiger und körperlicher Frische begehen. Die Hochbetagte nimmt noch regen Anteil an dem Tagesgeschehen, so schreibt es auch die Gießener Freien Presse zu diesem Anlass. Wilhelmine Felsing wurde am 26. Januar 1865 in Kirschgarten geboren. Ihr Mädchenname lautete Triebert. Am 25. Januar 1894 heiratete sie in Groß-Eichen den Klein-Eichener Heinrich Felsing. Die Beiden hatten zwei Kinder. Die älteste Tochter Emilie heiratete auf den Stockhäuser Hof. Der Sohn, ebenfalls mit Namen Heinrich, blieb in Klein-Eichen auf dem elterlichen Hof im Hinterdorf.

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