21.Dezember 1930

Kreis Schotten

Der Gemeinderat von Schotten beschäftigte sich in seiner jüngsten Sitzung (27. November 1930) unter dem Vorsitz von Bürgermeister Mengel auch mit der Aufteilung des Kreises Schotten, die nach Zeitungsnotizen der letzten Tage geplant zu sein scheint. Da der Abbau des Kreisamtes für die Stadt eine große Schädigung bedeutet, so erhob der Gemeinderat einstimmig Protest gegen eine etwaige Aufteilung.

Klein-Eichen zählte seit 1874 zum Kreis Schotten. Dagegen ist Lardenbach schon von Beginn an im Jahre 1852 Gemeinde des Kreises Schotten. Genauso wie etwa Freienseen oder Sellnrod.

Über die vielerörterte Frage der Auflösung von hessischen Kreisen machte Innenminister Leuschner vor einer Abordnung des Kreisausschusses des Kreises Oppenheim Ausführungen (3. Dezember 1930). Der Minister führte aus, dass sich die Regierung vom Landtage ein Ermächtigungsgesetz geben lassen werde, um auf Grund dessen Sparmaßnahmen durchführen zu können. Es werden drei hessische Kreise aufgelöst: in Oberhessen der Kreis Schotten, in Starkenburg der Kreis Bensheim und in Rheinhessen der Kreis Oppenheim.
Für die Auflösung der drei Kreise sind finanzielle und andere Gesichtspunkte maßgebend. Der Minister erklärte, dass er trotz aller Proteste bereit sei, diese Auflösungen durchzuführen. Es verlautete, dass diese Erklärungen des Ministers erfolgt sind, nachdem er von den Fraktionen die Zusage erhalten hatte, dass sie für das Ermächtigungsgesetz stimmen werden.
Damit scheint das Schicksal der Kreise Schotten, Oppenheim und Bensheim besiegelt zu sein, wenn nicht in letzter Stunde der Landtag sich gegen das Gesetz ausspricht.

Veranlasst durch den Plan des hessischen Innenministers, den Kreis Schotten aufzulösen, fand gestern abend (5. Dezember 1930) hier (in Schotten) eine überaus stark besuchte Protestversammlung statt, an welcher sich die hiesige Einwohnerschaft und zahlreiche Bewohner des Kreises Schotten so stark beteiligten, dass die große Turnhalle bis zum letzten Platz gefüllt war.
Bürgermeister Mengel sprach über die ungeheuren Gefahren für die Stadt und den Kreis Schotten, wenn der Kreis wirklich aufgelöst werde. Anschließend traten in der Diskussion Kreisdirektor Jann, Lehrer Link und Zeitungsverleger Dr. Dambmann von Schotten sowie Ulrichsteins Bürgermeister Appel vorbehaltlos für die Aufrechterhaltung des Kreises ein.
Die Versammlung nahm einstimmig eine Entschließung an, in der unter anderem der restlose Untergang Schottens in der Auflösung gesehen wird. Es wird an die Abgeordneten des Landtages appeliert, niemals die Hand zu einem solchen folgenschweren Schritt zu reichen. Weiter heißt es: "In letzter Stunde ein letzter verzweifelter Notschrei: Erhaltet dem Vogelsberg den Kreis Schotten!"

Der Gemeinderat Schottens nahm in seiner gestrigen (12. Dezember 1930) Sitzung erneut Stellung gegen die geplante Auflösung des Kreises. Eine große Erregung hat sich der Gemüter in Stadt und Kreis über dieses drohende Unglück bemächtigt. Aus vielen Zuschriften, die die Stadt erhielt, spricht das Treuegelöbnis der Kreisbevölkerung zu der Kreisstadt, mit der sie schon fast ein Jahrhundert (gegründet am 12. Mai 1852) verbunden ist. Der Gemeinderat beschloß einstimmig, dem hessischen Staat zu den Verwaltungsunkosten des hiesigen Kreisamtes einen angemessenen Beitrag zu leisten, damit das Amt der Stadt und dem Kreis erhalten bleibt.

Unterdessen hatte die "Deutsche Volkspartei" einen Antrag formuliert, dass die Absichten der Regierung, die Aufhebung von lokalen Ämtern, insbesondere von Kreisämtern, mit Hilfe eines Ermächtigungsgesetzes durchzuführen in der Bevölkerung berechtigte Unruhen hervorgerufen hat. Es wird daher beantragt, der Landtag wolle beschließen, eine Änderung von Kreisgrenzen könne nur durch ein vom Landtag zu verabschiedendes Gesetz erfolgen.

Am 21. Dezember 1930 wurde dem Kreisblatt von einem dem hessischen Innenminister nahestehenden Abgeordneten telefonisch mitgeteilt, dass in Hessen keine Kreise aufgelöst werden sollen. Eine offizielle Erklärung der hessischen Regierung hierüber werde wohl in Bälde veröffentlicht werden. Im Rahmen der Verwaltungsreform werden jedoch eine Reihe von Maßnahmen erfolgen. Ob in Schotten noch irgend ein Abbau erfolgt oder ob frühere Ämter wieder nach Schotten verlegt werden, steht zur Zeit noch nicht fest.

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
24. November 1930

Erzabbau

Zum Zwecke der Vergrößerung der Erzwäsche wird im Seenbach bei Weickartshain eine große Stauschleuse errichtet.

(Grünberger Anzeiger)

 
06. November 1930

Bürgermeister-Tagung

Die Bürgermeister des Kreises Schotten hielten unter dem Vorsitz von Kreisdirektor Dr. Jann in Schotten eine Versammlung ab. Über die Bedeutung, Wert und Vorteile der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft hielt Regierungsrat Freiherr von Low ein ausführliches Referat. Veterinärrat Dr. Metz sprach über Notschlachtungen.

(Grünberger Anzeiger)

 
11. Oktober 1930

Ehrenfeldschütze

Der Klein-Eichener Ortsvorstand beschließt in seiner Sitzung an Stelle des verstorbenen Feldschützen Karl Volp zwei Ehrenschützen zu ernennen. Es wurden die beiden Gemeinderatsmitglieder Otto Volp (Hirzehannese) und Eduard Zimmer (Enesche) ernannt und verpflichtet. Die Dienstzeit ist vorläufig auf zwei Jahre festgesetzt worden.

(Grünberger Anzeiger)

 
27. September 1930

Opfer eines Unglücksfalles

Am vergangenen Samstag (27. September 1930) starb in der Chirurg. Klinik zu Gießen der Landwirt und Forstwart Karl Volp aus Klein-Eichen im 64. Lebensjahr. Der Verstorbene ist das Opfer eines Unglücksfalles, den er vor 4 Wochen im Stalle erlitt. Ein Bulle drückte ihn an die Wand, sodaß die eine Hand gequetscht und die ganze Haut von ihr abgerissen wurde. Trotz Überführung in die Klinik nach Gießen scheint eine Blutvergiftung eingetreten zu sein, der er nun erlag. Anfang des Jahres hatte der Verstorbene auch lange auf dem Krankenlager gelegen infolge eines Beinbruches, den er sich beim Holzfahren zugezogen hatte. (Karl Volp war mit Katharina geb. Felsing verheiratet. Er war der Großvater von Elly, Karl, Erwin, Ernst und Gerhard)

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
22. September 1930

Kirmes in Lardenbach

Am Sonntag den 21. September und Montag den 22. September fand die Lardenbacher Kirmes statt. In die Gastwirtschaft Diehl hatten eingeladen "Die Jugend" und "Der Wirt".

(Grünberger Anzeiger)

 
14. September 1930

Reichstagswahl

Der "Grünberger Anzeiger" schreibt zur Reichstagswahl: Die große Schlacht ist geschlagen. Das Ergebnis läßt sich dahin zusammenfassen: die Wahlbeteiligung ist stark gestiegen; von den nahezu 43 Millionen Stimmberechtigten haben dieses Mal 35 Millionen gewählt. Es haben also etwas über 80 Prozent abgestimmt. Da auf je 60 000 Stimmen ein Abgeordneter entfällt, ist die Zahl der Reichstagsabgeordneten von 491 auf 573 gestiegen. Das hervorstechende politische Merkmal des Wahlergebnisses ist die starke Radikalisierung der Wählerschaft.

Nationalsozialisten und Kommunisten gehen als Sieger aus dem Kampfe hervor. Ganz außerordentlich ist die Zunahme der nationalsozialistischen Stimmen. Rund 800 000 waren es bei der Wahl im Jahre 1928, diesmal sind 6,5 Millionen Stimmen daraus geworden - sie haben sich also mehr als verachtfacht! Dementsprechend ist die Zahl der nationalsozialistischen Mandate von 12 auf 107 gestiegen.

Die Sozialdemokratie dagegen hat rund 600 000 Stimmen und 10 Sitze verloren. Statt 153 hat sie jetzt nur noch 143 Mandate. Damit ist sie zwar immer noch die stärkste Fraktion des Reichstags, ihr Verlust ist aber trotzdem nicht gering zu beachten. Der nationalsozialistische Aufstieg geht über alle Erwartungen hinaus; nun zieht sie als zweitstärkste Fraktion in den Reichstag ein. Dahinter erst mit weitem Abstand die Kommunisten mit 76 Mandaten.

Die Wahlergebnisse der regionalen Kreise und Dörfer liegen nicht vor.

(Grünberger Anzeiger)

 
21. August 1930

Preisschießen

Der Klein-Eichener Schützenverein hat das für Sonntag den 10. August 1930 geplant gewesene Preisschießen vertagt. Dies findet nunmehr am Sonntag den 17. August 1930 statt. Das Ergebnis ist nicht überliefert.

Der Lardenbacher Kriegerverein hält derweil am Sonntag den 24. und am Sonntag den 31. August sein diesjähriges Preisschießen ab. Wie es in der Anzeige heißt, kommen sehr schöne Preise zur Verteilung. Es ladet ein der Vorstand.

(Grünberger Anzeiger)

 
29. Juli 1930

Ernte in Gefahr

Die Ernte ist im Vogelsberg in Gefahr, obwohl im Mai ein sehr schöner Fruchtstand zu den besten Hoffnungen berechtigte. Die Trockenheit des Juni verminderte das Wachstum und dann trat eine Regenzeit, verbunden mit Stürmen ein, sodaß sich die Getreidefelder lagerten. Der Fruchtschnitt ist dadurch außerordentlich erschwert, Maschinen können fast nicht verwandt werden.

Das Getreide beginnt infolge der täglichen Regengüsse auf dem Halm und auf dem Haufen auszuwachsen. Die Garben sind meist ziemlich leicht, da die Körner sich schlecht entwickelt haben. Wenn der Regen noch länger anhalten sollte, so ist mit einer katastrophalen Mißernte wie vor einigen Jahren zu rechnen. Es erschallt deshalb wieder allenthalben der Ruf: Weg vom Ackerbau, hin zur Grünlandwirtschaft!

(Grünberger Anzeiger)

 
15. Juli 1930

Volksmissionsfest

Am Dienstag hielt Herr Missionar Walther aus Beuern hier (in Lardenbach) ein sehr gut besuchtes Volksmissionsfest ab. Im Hauptgottesdienst sprach er in seiner bekannten, packenden Art über Mark. 9, 24. "Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!" Für die Nachfeier, die um 3 Uhr nachmittags auf dem Kirchplatz stattfand, war als zweiter Redner Herr Lehrer Ratz aus Oberhörgern gewonnen, der uns das Gleichnis von der königlichen Hochzeit Math. 22, 1-44 mit Ernst und Nachdruck ans Herz legte.

Posaunenchor und gemischter Chor von Sellnrod beteiligten sich an der Feier. Auch unsere erste Schulklasse trug unter Leitung von Herrn Lehrer Becker einige Lieder vor. Die Kollekte ergab vormittags 15 RM und nachmittags 45 RM, zusammen 60 RM. Allen Mitwirkenden sei auf diesem Wege herzlich gedankt.

(Grünberger Anzeiger)

 
01. Juli 1930

Befreiungsfeier

Der hessische Minister für Kultus und Bildungswesen hat angeordnet, dass aus Anlass der am 30. Juni erfolgenden vollständigen Räumung des besetzten Gebietes in sämtlichen öffentlichen Schulen Hessens der Unterricht am 1. Juli ausfällt und an seiner Stelle eine der historischen Bedeutung des Tages entsprechende Schulfeier zu veranstalten ist.

Auf Anordnung des Landeskirchenamtes läuten an diesem Tag mittags von 12 Uhr bis 12 Uhr 10 in ganz Hessen (auch im unbesetzten Gebiet) die Kirchenglocken.

(Grünberger Anzeiger)

 
22. Juni 1930

Gemeinschaftsfest

Im Grünberger Anzeiger wurde "Zum christlichen Gemeinschaftsfest" eingeladen. Im Freien in Klein-Eichen am Sonntagnachmittag ab "2.30 Uhr" soll dieses stattfinden. Ein Posaunen- und Gesangchor, sowie mehrere Redner wirken mit. Wer die Einladung ausgesprochen hat, ist nicht überliefert.

(Grünberger Anzeiger)

 
29. April 1930

Bau eines Schulhauses

Gestern (29. April 1930) abend versammelten sich im hiesigen Schulsaal der Schulvorstand und die Gemeinderäte von Lardenbach und Klein-Eichen, um zur Schulhausfrage Stellung zu nehmen. Der alte Plan, in der ehemaligen Rienowschen Molkerei einen Notraum für die 2. Klasse zu errichten, wurde einstimmig fallen gelassen. Hierauf griff man den Plan von 1914 auf, ließ aber auch ihn fallen, da der Bau eines doppelten Schulhauses wohl das Ideal wäre, aber wegen der anderen großen Aufgabe (Lardenbach steht eben mitten in der Feldbereinigung) jetzt nicht durchführbar ist.

Man fasste hierauf einstimmig den Beschluß, einen Schulsaal mit einer Lehrerwohnung neu zu errichten derart, dass man jederzeit einen zweiten Saal mit Wohnung anbauen kann. Der Vorsitzende des Schulvorstandes dankte darauf mit herzlichen Worten für diesen einmütigen Beschluß, der sicher ein schönes Zeugnis von starker Zukunftshoffnung und wirklicher Schulfreundlichkeit ist. - Interessant ist, dass der Beschluß, ein Schulhaus zu bauen, ohne den üblichen behördlichen Druck ganz aus freien Stücken gefasst wurde.

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
21. April 1930

Tanz

Zu dem am 2. Osterfeiertag stattfindenden Tanz hat freundlichst die Jugend nach Lardenbach geladen. Es freut sich der Wirt.

(Grünberger Anzeiger)

 
21. April 1930

Konfirmation

Am 2. Ostertag wurden in der Kirche zu Groß-Eichen 11 Kinder konfirmiert, 5 Knaben und 6 Mädchen, darunter 2 Knaben und 1 Mädchen aus Klein-Eichen.

(Grünberger Anzeiger)

 
16. März 1930

Volksliederabend des Gesangvereins

Der Gesangverein "Eintracht" Lardenbach/Klein-Eichen hatte die Ortswohnerschaft zu einem Volksliederabend auf Sonntag (16. März 1930) eingeladen. Es war dies die erste Veranstaltung des Vereins solcher Art, in der nur dem Lied Rechnung getragen wurde, in der man sich fern hielt von dem gerade in der Landbevölkerung so stark anziehenden Theaterspielen, und mit Recht warteten die deshalb Dirigent und Sängerschaft voller Interesse auf den Besuch dieses Abends. Es war für sie eine angenehme Überraschung, als Punkt acht Uhr die erste Begrüßung, der Sängergruß, einer, den weiten Saal bis auf den letzten Platz füllenden Zuhöhrerschar entgegensingen konnte.

Herr Dietrich, 1. Vorsitzender, fand im Anschluß daran markante Worte über Zweck und Ziel der Veranstaltung und übergab nach dem Chor: "Mein Lied" das Wort an den Dirigenten des Vereins, Herrn Lehrer Sommer, zu einem Vortrag über "Das deutsche Volkslied". In seiner Einleitung wies der Vortragende auf den Hauptzweck des Volksliederabends hin: Zum Singen besonders im Familien- und Freundschaftskreise Anregung zu geben, um das Leben, das durch die schlechte Wirtschaftslage und die innere Uneinigkeit unseres Volkes uns Menschen als drückende Last erscheint, wieder freudiger zu gestalten.

Keine der verschiedensten Liedgattungen ist imstande, für dieses Singen besser zu werben, als gerade das Volkslied, denn es ist ja ein Kind des Volkes, kann also auch von ihm am besten verstanden werden. Und voller Interesse folgten nun die Zuhöhrer den weiteren Ausführungen über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Volksliedes, über seine äußere Form, seine einfache schlichte Sprache, seine gefälligen, ansprechenden Weisen und den Inhalt.

Liebe, Heimat und Gott, mit diesen höchsten Gütern, ohne die ein Volk nicht lebensfähig ist, beschäftigt sich das Volkslied, und mit Recht darf gesagt werden, dass es deshalb zum sittlichen Wiederaufbau ein gut Teil beiträgt. Einige Proben deutscher Volksliedkunst und eine nochmalige Mahnung, ja das Singen, und besonders diesen Liedschatz, zum Segen fürs ganze Volk nicht zu vernachlässigen, beschlossen den Vortrag, für den dem Vortagenden reicher Beifall gespendet wurde.

Und nun erklangen die herrlichen Volksweisen, in Abwechslung vom Verein, der Gemeinde, den Schulkindern und einzelnen Vereinsmitgliedern gesungen. Zwischendurch trugen Schüler der Unterklasse, bald einzelne, bald ein Sprechchor, Gedichte ernsten und heiteren Inhaltes vor. Der Verein sang die Lieder: "Die schöne Schäferin" - "Horch, was kommt von draußen rein" - "Heimweh" - "Ich habe den Frühling gesehen" - "Am Holderstrauch" - "Drauß ist alles so prächtig" - "Wiegenlied" - "Der Spielmann" - "Es blies ein Jäger wohl in sein Horn" - "O, wie herbe ist das Scheiden" und "Gretchen".

Sie werden vom Dirigenten aufs feinfühligste herausgearbeitet und vom Verein mit seinem guten und geschulten Stimmenmaterial recht ansprechend zu Gehör gebracht. Das Publikum dankte durch starken Beifall, und es wurden Wünsche laut, man möchte solche Stunden innerer Erhebung, Erbauung und Befreiung von den Alltagsfragen des öfteren erleben dürfen.

(Grünberger Anzeiger/GA)

 
16. Februar 1930

Versammlungen

Am Samstagabend (15. Februar 1930) fand in Ilsdorf die erste Versammlung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei statt, bei der die Wirtschaft Otto Stühler bis zum letzten Platz besetzt war. In fast dreistündiger Rede fesselte Herr Bretz die Zuhörer mit dem Thema: "Volk in Not, wer rettet es?"

Am Sonntagnachmittag (16. Februar 1930) sprach Herr Bretz in Lardenbach zum gleichen Thema. Auch diese Versammlung, die in der Gastwirtschaft Diehl stattfand, war gut besucht.

Am Sonntagabend war die Wirtschaft von Otto Nickel in Stockhausen, die bis zum letzten Platze besetzt war, Schauplatz einer Nationalsozialistischen Versammlung. Auch hier sprach Herr Bretz. Der Abend wurde durch Anfragen aus dem Publikum und ihre Beantwortung durch den Redner belebt.

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) war eine in der Weimare Republik gegründete politische Partei, deren Programm und Ideologie (der Nationalsozialismus) von radikalem Antisemitismus und Nationalismus sowie der Ablehnung von Demokratie und Marxismus bestimmt war. Sie war als straffe Führerpartei organisiert. Ihr Parteivorsitzender war ab 1921 der spätere Reichskanzler Adolf Hitler, unter dem sie Deutschland in der Diktatur des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 als einzige zugelassene Partei beherrschte.

Zwischen 1925 und 1930 stieg die Mitgliederzahl der Partei von 27.000 auf 130.000. Die NSDAP nutzte die Weltwirtschaftskrise und die damit einhergehende Massenverelendung, welche ihr antikapitalistisches, antiliberales und vor allem antisemitisches Programm gegen das „internationale Finanzjudentum“ in der Bevölkerung stützte.

Die NSDAP setzte zentral auf den Straßenterror der SA und andere Themen wie die Außenpolitik, woraufhin ihre Stimmenanteile bei den Landtagswahlen 1929 und 1930 auf über 10 Prozent anstiegen. Besonders Jugendliche und junge Männer traten in die Hitlerjugend und die SA ein. Die nationalsozialistischen Politiker gingen von dem Versuch ab, vor allem die Arbeiterschaft für sich zu gewinnen. Die NSDAP erhielt aber immer mehr Unterstützung von Bauern (die Agrarpreise waren ab 1928 zusehends verfallen), Handwerkern und Einzelhändlern (Angst vor der Konkurrenz durch „jüdisch geführte“ Kaufhauskonzerne) sowie aus den Reihen der Studenten- und Beamtenschaft.

(GA/wiki)

 
25. Januar 1930

Hauptjahresversammlung des MGV

Der hiesige Männergesangverein "Eintracht" hielt dieser Tage (Januar 1930) bei Mitglied Joh. Diehl seine Hauptjahresversammlung ab. Herr Dietrich, 1. Vorsitzender, begrüßte herzlichst die Versammlung und warf einen Rückblick auf das vergangene Vereinsjahr. Im Anschluß daran sand er beherzigenswerte Worte, in denen er über die liebevolle und treue Arbeit am deutschen Männerchor sprach. Besonders hob er hervor, es sei Pflicht eines jeden Mitgliedes, vor allem der aktiven Sänger, nach Kräften dabei mitzuhelfen.

Nach Verlesung des Protokolls durch Herrn Momberger, prüften die Herren Bürgermeister der beiden Dörfer (Müller und Lein) die Kassenverhältnisse. Dem Rechner, Herrn Otto Buß, wurde nach Worten der Anerkennung für die gewissenhafte Buchführung und Arbeit Entlastung zuteil. Bei der Neuwahl des Vorstandes wurden an die Stellen zweier ausscheidender Mitglieder, die Herren Heinrich Frank und Hermann Dörr neugewählt.

Unter Punkt "Verschiedenes" fiel unter anderem die Antwort des Vereins auf verschiedene Einladungen auswärtiger Vereine zum Besuch ihrer Festlichkeiten im lfd. Jahr. Nur die Einladung von Freienseen fand Berücksichtigung. Weiter wurde Stellung genommen zu zwei von Lehrer Sommer gestellten Anträgen, in denen das Leidenskapitel vieler Vereine behandelt wurde - das unentschuldigte Fehlen in den Übungsstunden, mit anderen Worten: das laue Interesse mancher aktiven Kräfte am Vereinsleben, sowie das Austreten von aktiven Mitgliedern in den inaktiven Stand.

Eine äußerst lebhafte Aussprache setzte ein, man einigte sich schließlich dahin, die beiden Anträge anzunehemen: Hiernach wird mehrmaliges unentschuldigtes Fehlen mit Ausschluß aus dem aktiven Stand geahndet, ferner kann stimmlich und musikalisch begabten jüngeren Ortseinwohnern nur die aktive Mitgliedschaft gewährt werden. Die Beschlüsse sollen, wenn nötig, auch wirklich in die Tat umgesetzt werden, ohne Rücksicht auf ein quantitatives Plus oder Minus inbezug auf die Mitgliederzahl. Ganze Arbeit erfordert den ganzen Mann, dies sei das Motto fürs neue Jahr.

(Grünberger Anzeiger)

 
20. Januar 1930

Straßenzustand

Über den schlechten Zustand der Nebenstraßen, der früheren Kreisstraßen, wird seitens der Autofahrenden Landärzte, Geschäftsreisenden und Gewerbetreibenden lebhafte Klage geführt. Sie fordern von der Provinzialverwaltung, dass auch die Verbindungsstraßen zwischen den abgelegenen Orten einigermaßen in Ordnung gehalten werden müßten.

Vielfach wird auf diesen Straßen noch scharfkantiger Schotter gebracht, der die Autoreifen schwer mitnimmt, besonders wenn der Landarzt zu jeder Tages- und Nachtzeit ohne Rücksicht auf Schotter und Löcher in raschem Tempo zu den Kranken eilen muß.

(Grünberger Anzeiger)

 
17. Januar 1930

Kreis Schotten 1930

Der Kreis wurde am 12. Mai 1852 gegründet. In ihn gingen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichtsbezirke Laubach und Schotten und Teile des Landgerichtsbezirks Ulrichstein ein. Klein-Eichen und Lardenbach zählen seit dieser Zeit zum Kreis Schotten.

In einer Sitzung des Kreistages im Januar 1930 wehrte sich das Gremium einmütig gegen eine etwaig geplante Aufhebung des Kreises Schotten. Aus allen Teilen des Kreises und den vier Bezirken Gedern, Ulrichstein, Schotten und Laubach nahmen Kreistagsvertreter zu dieser für den Kreis so wichtigen Lebensfrage in eingehenden Ausführungen das Wort.

Der Kreis hat an sich schon schwierigere Verkehrsverhältnisse. Durch eine etwaige Aufteilung mache man es der Landbevölkerung erst recht schwer und teuer, an die Sitze der Ämter zu gelangen. Schotten ist die einzige Kreisstadt der Provinz, die in der Mitte ihres Kreises liegt und von allen ihren Kreisgemeinden gleich weit zu erreichen ist.

Man verspreche stets, dem Vogelsberg und seiner armen Bevölkerung helfen zu wollen, habe aber seither stets Ämter abgebaut und trage sich u. a. mit weiteren Abbaumaßnahmen. Dadurch werde die Not der Bevölkerung nur größer, die Landflucht werde begünstigt. Wenn man an den Abbau der wenigen höheren Schulen in unserer abgelegenen Gegend denke, so nehme man mit diesem Abbau auch der Bevölkerung und den hier ansässigen Beamten die Möglichkeit zur Ausbildung ihrer Kinder. Die Beamtenstellen im Vogelsberg würden dann nur noch als Strafstellen angesehen.

Der Vogelsbergkreis Schotten bilde nach seinem hundertjährigen Bestehen ein einheitliches Ganze, die Bevölkerung sei derart miteinander Verwachsen und eng verbunden, dass man gegen eine Trennung des Kreises sich ganz entschieden wehre. Der Kreistag als die für die ganze Kreisbevölkerung zuständige gesetzliche Vertretung wünsche unbedingt Erhaltung des Kreises. Eine entsprechende Entschließung an die hessische Staatsregierung wurde einmütig angenommen, auch wurde eine Kommission bestimmt, die die nötigen Unterlagen beschaffen und bei der Regierung persönlich vorsprechen soll, um die Belange des Kreises zu vertreten.

"Los von Schotten" heißt die Losung verschiedener Gemeinden einige Tage später trotz aller Proteste der Kreisstadt Schotten. So wollen Helpershain, Köddingen, Meiches u. a. unbedingt zum Kreise Lauterbach, da sie dorthin bessere Verbindungen haben. Das Städtchen Laubach und die Orte des Seemenbachtales haben bessere Verbindung nach Gießen als nach Schotten. Gedern und das Niddertal gelangen schneller nach Büdingen.

Am 17. Januar 1930 wurde die vom Kreistag im Hinblick auf die Gerüchte über die Aufhebung des Kreises Schotten gewählte Kommission, bestehend aus Abgeordneten des Kreisbezirks Schotten, Laubach und Ulrichstein, vom hessischen Minister des Inneren, Leuschner empfangen.

Die Kommission stellte dem Minister in eindringlichen Darlegungen die Notlage vor Augen, in die nicht nur die Kreisstadt Schotten, sondern der ganze Vogelsbergkreis Schotten kommen würde, wenn er jetzt, nachdem man im Laufe der letzten Jahre schon eine ganze Reihe von Ämtern im Kreise Schotten aufgehoben hat, völlig zur Auflösung käme. Dadurch würde die Bedrängnis der Kreisbevölkerung nur noch weiter verschärft.

Von dem Minister wurde der Kommission eine genaue und wohlwollende Prüfung ihrer Darlegungen zugesagt. Ferner erklärte der Minister, dass natürlich die Abbaumaßnahmen nicht nur einen Kreis und eine Stadt, sondern alle Teile der Bevölkerung treffen sollten. Man hofft hier, dass die hessische Regierung sich davon überzeugen wird, dass der Kreis Schotten auch fernerhin bestehen bleibt.

(Grünberger Anzeiger/GA)

Fotos

 
02. Januar 1930

Kirchliche Statistik, veröffentlicht 1930

Im Jahre 1929 wurden im Kirchspiel Groß-Eichen 14 Kinder getauft, 7 Knaben und 7 Mädchen, darunter 2 Knaben aus Klein-Eichen. Konfirmiert wurden 17 Kinder, 8 Knaben und 9 Mädchen, darunter 1 Knabe aus Klein-Eichen. Sieben Paare wurden kirchlich getraut, davon 2 Paare aus Klein-Eichen. Beerdigt wurden 9 Personen, davon 3 in Klein-Eichen.

Der Gottesdienst wurde in Groß-Eichen von 8439 Erwachsenen und 3507 Kindern besucht und in Klein-Eichen von 1317 Erwachsenen und 230 Kindern. Der durchschnittliche Gottesdienstbesuch betrug also in Groß-Eichen 133 Erwachsene und 55 Kinder bei einer Seelenzahl von 700 Evangelischen und in Klein-Eichen 54 Erwachsene und 9 Kinder bei einer Seelenzahl von 167 Evangelischen.

Am Abendmahl nahmen in Groß-Eichen 788 Personen teil und in Klein-Eichen 184 Personen. Die Christenlehre wurde von 463 Jugendlichen und der Kindergottesdienst von 1154 Kindern fleißig besucht.

An freiwilligen Spenden gingen im Kirchspiel insgesamt 876,99 RM ein; das ist auf den Kopf der evangelischen Gemeindeglieder: 1,01 RM..

Die kirchliche Statistik für Lardenbach vom Jahr 1929 bietet ein recht erfreuliches Bild. Das Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung durch den Pfarrer in allen Fällen begehrt und gewährt werden, ist ja in Landgemeinden noch die Regel. Wenn aber die Zahl der Trauungen von 3 im Jahr 1928 auf 5 im Jahr 1929 gestiegen ist und die Zahl der Taufen von 3 auf 9, so darf das wohl angesichts der dunklen Zukunft als Zeichen von Lebensmut und Gottvertrauen gelten.

Bei einer Bevölkerungsziffer von nur 453 landeskirchlichen Evangelischen haben solche kleinen Änderungen immerhin etwas zu bedeuten. Gott gebe, dass dieser praktische Christenglaube bleibt und wächst. Das die Kinder der Oberklasse aus Lardenbach regelmäßig zum Hauptgottesdienst kommen, gilt noch allgemein als selbstverständlich. Daneben ist die Beteiligung am Kindergottesdienst ein wenig gestiegen. Die Katechismuslehre konnte nach Beendigung der Vakanz vom 14. April bis 15. September regelmäßig gehalten werden.

So erklärt es sich sehr einfach, dass die Beteiligung mehr als doppelt so zahlreich war als im Vorjahr. Es wurden an der Hand von Katechismus und Bibel wichtige Zeitfragen behandelt. die teilweise reges Interesse hervorriefen. Die große Zahl von auswärtigen Festen mancherlei Art hat den Besuch dieser Gottesdienste zeitweise stark beeinträchtigt. Es wurde daher versucht, sie vor dem Hauptgottesdienst abzuhalten, was auch die Beteiligung hob, aber doch mitunter als störender Eingriff in die Hausordnung empfunden wurde.

Wenn man auch in anbetracht der Zeitverhältnisse nicht unzufrieden zu sein braucht, so muß doch anderseits gesagt werden, dass die Jugendfrage selbst für solche Gemeinden wie die unsrige immer schwerer wird, weil sie sich dem Zeitgeist auf die Dauer nicht entziehen können.

Am Hauptgottesdienst beteiligten sich im Wochendurchschnitt in Lardenbach 1928 49 Männer und 49 Frauen, 1929 55 Männer und 53 Frauen. Das Heilige Abendmahl begehrten 1928 öffentlich 273 Männer und 264 Frauen, privatim 4 Männer und 10 Frauen. 1929 waren es öffentlich 287 Männer und 301 Frauen, privatim 5 Männer und 10 Frauen. Mit anderen Worten: Es gingen in beiden Jahren einige je einmal, andere je zweimal zum Tisch des Herren.

Die Liebesgaben stiegen von 642 auf 781 RM, betragen also auf den Kopf der Bevölkerung rund 1,70 RM.

Am 14. Februar sahen wir den Film "Glaube und Heimat", am 3. Dezember in der elektrisch geheizten Kirche einen Film aus der Heidenmission in Indien. Am 19. Februar besuchte Herr Dekan Widmann aus Gedern den Religionsunterricht und war mit dem Ergebnis zufrieden.

(Grünberger Anzeiger/GA)

 

 

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